5 Okt, 2017

Grauhäherling

Der Grauhäherling – ein interessanter Pflegling

Die im folgenden Bericht beschriebene Vogelart wird in der von uns verwendeten Systematik nun wie folgt bezeichnet: Grauflügelhäherling (Grauhäherling) Garrulax cineraceus (syn.: Ianthocincla cineracea, Trochalopteron cineraceum)

(siehe dazu „Artenliste“ dieser Homepage) Januar 2020

Systematik: 

Klasse: Vögel

Ordnung: Sperlingsvögel

Familie: Häherlingsverwandte – Leiotrichidae

Gattung: Garrulax

Art: Grauhäherling Garrulax cineracea

Unterarten: Garrulax cineracea cineracea, Garrulax cineracea cinereiceps, Garrulax cineracea strenua

Herkunft:

Das Verbreitungsgebiet des Grauhäherlings erstreckt sich von Westindien über Myanmar, Süd- und Zentralchina bis nach Nord und Westyunnan. 

Man findet ihn im Dickicht und Gestrüpp an den Rändern der breitblättrigen, immergrünen Wälder sowie in gemischten Laub- und Nadelwälder.  

Grauhäherlinge suchen ihre Nahrung vorzugsweise in Bodennähe. Hier fangen sie Insekten, nehmen Beeren und Obst auf. Dabei halten sie mit einem Fuß die Beute fest und picken sie stückchenweise ab. 

Zur Blütezeit nehmen sie den süßen Pollen verschiedener Bäume und Büsche auf, heranfliegende Kerfe werden als Leckerbissen dankend angenommen.   

Ernährung:

Ein abwechslungsreicher Speiseplan fördert das Wohlbefinden des Grauhäherlings. Dabei ist ein Wechsel des Futters in den Wintermonaten vonnöten. Obwohl ich ein sehr gutes Weichfuttergemisch gebe, wird dieses in der kalten Jahreszeit kaum angenommen. Nur ein paar Mehlwürmer finden Gefallen. Ich reiche ein Körnerfutter für Sittiche mit wenigen Sonnenblumenkernen und einigen, selbst gesammelten Walnüssen. Letztere streue ich großzügig und teilweise in der Schale über den Volierenboden, sodass die Vögel Beschäftigung finden. Es macht Spaß, diesen Häherling dabei zu beobachten und ihre Schläue zu entdecken. Kleine Vertiefungen im Boden dienen den Tieren als Widerlager, wenn sie in ihnen Nüsse und Kerne aufhacken. Ebenso konnte ich entdecken, dass sie zuerst die Kerne vom Apfel aus einem halbierten Teil nahmen und sie am Boden aufhackten, um das Innere zu fressen. Viel Obst wird nicht aufgenommen, Him-, Johannes- und Holunderbeeren werden bevorzugt. Kleingeschnittene Weintrauben mögen sie ebenso.  

Haltung:

Grauhäherlinge sind Bewohner des Unterholzes. Darum empfiehlt es sich, die Voliere so einzurichten, dass die Vögel ihren natürlichen Instinkten nachgehen können. Eingetragenes Laub bietet eine ausgiebige Beschäftigungsmöglichkeit. Hier entlasse ich regelmäßig Futtertiere, die von den Häherlingen gefangen werden. 

Ich habe in den Volieren Tuja, Holunder und Haselnusssträucher gepflanzt, die nötige Deckung bieten. Wilden Wein habe ich so „gezogen“, dass die Volierendecke abgedunkelt ist. 

Dreiviertel des Außenbereiches habe ich überdacht. Somit ist die Bepflanzung und damit die Nestbereiche größtenteils vor starkem Niederschlag geschützt. Junge Häherlinge sind besonders durch Feuchtigkeit gefährdet. Frisch ausgeflogene Jungtiere sind noch nicht flugfähig und verenden sobald das Gefieder durchnässt ist. 

In morschem Holz, welches gern auseinandergenommen wird, finden die Vögel kleine Insekten.     

Vermehrung:

Mein Paar baute Anfang April ein Nest in einem kleinen Bastkörbchen in einer kleinen Thuja, in der sie auch schon letztes Jahr ihre Jungen aufzogen. Dabei verwendeten sie Heu und Hanffasern. 

Am 02.04. konnte ich zum ersten Mal eine Kopulation beobachten, der eine Balz am Boden voraus ging. Dabei hüpfte das Männchen mit aufgeplusterten Federn, verkleinerten Pupillen und einem Wispern um das umworbene Weibchen, bis diese durch Aufstellen des Schwanzes signalisierte, dass sie zum Paarungsakt bereit ist. 15 Tage darauf legte die Henne das 1. Ei. Zwei weitere folgten im Abstand von einem Tag. Nach 13 Tagen Brutzeit schlüpften am 02.05. zwei Jungtiere, am Folgetag erblickte das dritte die Welt. 

Die Eltern sind während der Brutphase heimlich und sehr leise. Dieses Verhalten lässt die Vermutung zu, dass keine Fressfeinde angelockt werden. 

Zu Beginn reiche ich dem Paar frischgehäutete Mehlwürmer und Puppen, als auch Wachsmottenlarven, gefrostete Pinkys und Buffalos. Mittlere Heimchen werden lebend kurz vorm Schlupf der Jungvögel in einer Plastikwanne angeboten, die hoch genug ist, um ein Entweichen zu verhindern. Ab dem 6./7. Tag ersetze ich die kleineren Würmchen durch frischgehäutete Zophobas und Drohnenbrut. Es empfiehlt sich ein „Panieren“ mit Supplementen wie flüssigem Multivitaminpräparat oder Lebertran auf welches man verschiedene „Pülverchen“ bestäubt. Hier verwende ich wechselweise Bierhefe, Vitakalk und AviTotal. Dadurch kommen zusätzlich dem wachsenden Vogelkörper wichtige Vitamine, Mineralien und Spurenelemente zugute. 

In diesem Jahr entschied ich mich, alle von mir gezogenen Weichfresser zu beringen. Trotz vieler Warnungen, dass die Jungen aus dem Nest geworfen werden, sobald Ringe die Brutstätte „beschmutzen“. Ich klebte vorsichtshalber die Ringe der jungen Grauhäherlinge mit Pflaster ab, welche ich im Anschluss mit schwarzem Edding verdunkelte. Die Eltern nahmen keine Notiz von meinem Handeln und die Jungen blieben im Nest. 

Am 13.05. flog das Trio aus. In der Außenvoliere habe ich Äste so am Boden verteilt, dass es ihnen möglich ist, in den Holunderstrauch oder ins schützende Grün der Tuja zu klettern. Meist sitzen  alle eng beisammen. Auch die Eltern bieten ihnen nötige Sicherheit. Sie sind indes viel beschäftigt mit dem Herantragen des Futters. 

Beim Betreten der Voliere werde ich von nun an mit lautem Gezeter beider Alten begrüßt. Nach kurzer Zeit auch von den Jungen.  

Von Tag zu Tag werden die Jungen agiler und sind öfters auch im oberen Teil ihrer Unterkunft zu beobachten. Die kurzen Flüge gehen jetzt über die volle Distanz. 

Da ich  Mehlwürmer und andere Futterinsekten in das Laub warf, konnte ich nach circa 10 Tagen des Ausfliegens beobachten, wie die Jungtiere dem Hahn auf den Boden folgten und ebenso ein paar Würmchen aufnahmen. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie die Tiere sich von Tag zu Tag weiterentwickeln und aus einem frischgeschlüpften Jungen ein selbstständiger Vogel wird.   

Das Paar widmete sich parallel dazu der nächsten Brut. Am 20.05. lag das erste Ei der Folgebrut im „alten“ Nest, welchem erneut zwei weitere im Abstand eines Tages folgten. Zwei Tage nach dem letzten Ei regnete es Nachts im Südharz sehr stark und am nächsten Morgen war von dem Gelege nur noch ein paar Eischalen am Boden zu finden. Das Paar wartete nicht lange, besserte die Brutstätte ein wenig aus und schon am 28.05. lag wieder ein Ei darin. Grauhäherlinge sitzen für gewöhnlich bereits ein bis zwei Tage vor dem Beginn des Geleges auf dem Nest und wechseln sich ab. So fällt es auf, wenn beide Partner in der Voliere umherfliegen. Ich kontrollierte am 29.05. und musste feststellen, dass auch dieses Ei verschwunden war. Bis heute habe ich in kleinen Volieren keinen Erfolg  mit Folgebruten machen können, wenn die Jungen aus der ersten mit in der Voliere sind. Zu groß sind Störungen der brütenden Eltern durch die bettelnden kleinen. 

Am 07.06. entnahm ich den futterfesten Nachwuchs, den ich mehrmals Tage vorher im Innenraum beim Fressen beobachten konnte.  

In der Hoffnung, dass das Paar von nun an die notwendige Ruhe zur Brut hatte, tat sich nichts mehr. Die beiden saßen immer wieder auf dem Nest, ein Ei wurde jedoch nicht mehr gelegt. Stattdessen kauerte das Weibchen auf der Sitzstange und machte einen geschwächten Eindruck. Es erholte sich. Dieses Verhalten konnte ich noch drei weitere Male beobachten ohne den Grund dafür herauszufinden.  

Das Trio erkundete die Jungvogelvoliere und unternahm alles gemeinsam. Hier entdeckte ich, wie schlau selbst  Jungvögel vom Grauhäherling sind. Unter den wachsamen Augen der Jungen steckte ich Mehlwürmer in die Öffnungen kleiner Bambusstücken und warf sie in die Voliere. Sofort nahm ein Männchen eines der Stücke in Augenschein und lugte in den Spalt. Als der Versuch den Inhalt durch Picken herauszuholen fehlschlug, nahm er das „Röhrchen“ in den Schnabel, flog damit auf einen Ast und warf es hinunter. Dadurch wurde der Wurm herausgestoßen und das  Tier kam zu der Leckerei. Die beiden anderen beobachteten ganz genau das Geschehen und so flogen die Bambusstücke durch die Voliere. 

Einen weiteren Versuch machte ich mit Heimchen, die ich in einer Plastikwanne entließ, deren Boden mit Laub bedeckt ist. Ich achtete darauf, dass die Heimchen sich so gut es ging versteckten, bevor ich die Wanne in die Voliere stellte. Es dauerte ein wenig bis die Neugier die Furcht vor dem neuen Accessoire besiegte. Nachdem das Männchen ins Laub sprang, huschten die Heimchen unter dem Laub hervor und  das erste Insekt landete im Schnabel des Fängers. Die beiden anderen brauchten mehrere Anläufe bis auch sie erfolgreich nach den Kerfen jagten. 

 

Fazit:

Der Grauhäherling gehört zu meinen Lieblingen, weil er intelligent, schön und nicht zu groß ist. Auch sein Gesang ist angenehm und nicht so laut. Leider ist er in unseren Volieren nicht so häufig vertreten und es bleibt zu hoffen, dass wir uns noch lange an ihm erfreuen können!

 

2016

Text und Fotos: Sascha Fischer