28 Jul, 2017

Gartenrotschwanz

Gartenrotschwanz

Vogel des Jahres 2011

© T. Ratjen

Der NABU und der Landesbund für Vogelschutz haben den Gartenrotschwanz zum „Vogel des Jahres 2011“ gekürt. Der früher weit verbreitete und recht häufige Singvogel ist heute in vielen Regionen selten geworden. Neben der Zerstörung von geeigneten Obstgärten ist dafür auch der Einsatz von Pestiziden verantwortlich. Auf dem Zug in die afrikanischen Winterquartiere lauern weitere Gefahren. So wird in südeuropäischen Ländern immer noch Jagd auf Singvögel gemacht. Außerdem führt der Klimawandel zu längeren Dürreperioden und zur Ausdehnung von Wüsten. In den vergangenen Jahrzehnten verschwanden geeignete Lebensräume zunehmend durch die Bebauung von Freiflächen und Feldmarken. Aber auch die Umwandlung von Nutz- in Ziergärten, sowie der Umbau von Hochstammobstbäumen zu Niederstammkulturen führten zu erheblichen Bestandsrückgängen. Der Bestand in Deutschland wird nur noch auf etwa 150.000 Brutpaare geschätzt, 1980 waren es noch rund 450.000.

Der elegante Gartenrotschwanz besticht nicht nur durch seine Farbenpracht sondern auch durch seine ruhige Art. In einem Porträt möchte ich Ihnen diese interessante Art gern einmal vorstellen.

  Gartenrotschwanz 1,0

Systematik:

Wiss. Name:               Phoenicurus phoenicurus (Linnè, 1758)

Ordnung:                    Passeriformes – Sperlingsvögel

Unterordnung:          Passeres – Singvögel

Familie:                       Muscicapidae – Sänger

Gattung:                      Phoenicurus

Unterarten:                 Phoenicurus phoenicurus samamisicus = mesoleucus

Phoenicurus phoenicurus phoenicurus

Namen:

Englischer Name:           Redstart

Französischer Name:     Rouge-queue á Front blanc

Italienischer Name:       Codirosso

Holländischer Name:    Gekraagde Roodstaart

Spanischer Name:          Colirrojo real

  Gartenrotschwanz 0,1

Beschreibung:

Länge ca. 14 cm. Gewicht 14 bis 18g.

Ad. Jahreskleid Männchen: Zur Brutzeit ist die Stirn unmittelbar über dem Schnabel schwarz, darüber große Teile des Vorderscheitels und ein schmaler bis in den Bereich der Ohrdecken reichender Überaugenstreifstreif weiß. Oberkopf, Nacken, Rücken und Schulterfedern sind schiefergrau. Bürzelfedern und Oberschwanzdecken rostorange. Kinn, Kehle, Wangen, Halsseiten und Vorderbrust schwarz, übrige Unterseite rostorange, caudalwärts mit immer breiteren weißen Säumen. Nach der Mauser ist die schwarzweiße Gesichtsmaske durch oberseits braune, an Kinn und Kehle (bräunlich)weiße Federsäume teilweise verdeckt. Die schiefergrauen Federn der Oberseite haben ebenfalls braune Säume (das Brutkleid kommt erst durch Abnutzung dieser Säume zustande). Erste Steuerfeder dunkel erdbraun (Außenfahne bisweilen fast in der ganzen Länge rostorange), übrige Steuerfedern rostorange mit unauffälligen erdbraunen Abzeichen. Hand- und Armschwingen bräunlichgrau, die Handschwingen ohne helle Säume, die schmalen Säume der inneren Armschwingen bräunlichgrau. Handdecken, Daumenfittich und äußere Große Armdecken etwas dunkler bräunlichgrau als die Schwungfedern, Federsäume (bläulich) grau. Deckfedern der Flügelunterseite rostorange. Der etwas wehmütig klingende Gesang ist dreiteilig und beginnt meist mit einigen hohen, gezogenen Lauten, danach folgen mindestens zwei gleiche, kurze, tiefere Silben. Der dritte Teil ist sehr variabel und enthält häufig Imitationen anderer Vogelarten. Der Gesang wird bereits vor der Morgendämmerung vorgetragen.

Ad. Jahreskleid der Weibchen: Oberseite einschließlich Kopf- und Halsseiten graubraun mit zum Hinterrücken intensiver werdendem rostorangenem Anflug. Bürzelfedern und Oberschwanzdecken rostorange. Unterseite beige mit blass (mitunter auch intensiv) rostorangenen Federsäumen, vor allem Kinn- und Kehlseiten, Kropfgegend oder Brust sowie Flanken dunkler als der hellbeige Bauch (Basis der Kehlfedern bisweilen grauschwarz). Unterschwanzdecken mit stärkerem rostorangenem Anflug. Schwanz und Handschwingen sowie Armschwingenumrisse wie Männchen, Färbung bräunlicher mit warm (rost)braunem Außenfahnensaum, der bei den Schirmfedern über die Federspitze auf die Innenfahne übergreift. Handdecken graubraun. Große Armdecken graubraun mit heller graubraunem oder rötlichem Saum (gewöhnlich nicht randparallel, sondern zur Federbasis hin schmäler). Decken der Flügelunterseite beige mit blass rostorangenem Anflug. Mit zunehmendem Alter können Weibchen ein Männchenähnliches Fortschrittskleid erwerben (Hahnenfedrigkeit). Die Stirn wird mehr oder weniger deutlich weiß, Gesicht, Kinn, Kehle und Vorderbrust abgesetzt grauschwarz, die Rückenfedern teilweise schiefergrau und die Federn der Unterseite sind intensiv rostorange gesäumt.

Die Männchen der Populationen (Ph. ph. samamisicus) der Krim, des Süd und Ost Kaukasus und in Nord Vorderasien haben einen je nach Alter und Gefiederzustand unterschiedlich großen weißen Flügelspiegel, der durch schmale weiße Säume der Handschwingen und weiße Außenfahnen der Armschwingen gebildet wird. Weibchen dieser Form sind oberseits blasser und grauer als mitteleuropäische.

Jugendkleid: Oberseits einschließlich Schulterfedern graubraun mit hellbeigen Flecken, unterseits beige bis weißlich rahmfarben, die einzelnen Federn vor allem an Brust und Flanken mit graubraunem Spitzensaum. Schwanz wie im ad. Jahreskleid. Flügel ebenso, aber Deckfedern graubraun mit breitem (rost)beigem Spitzensaum.

Schnabel bei frischgeschlüpften Jungvögeln gelblich fleischfarben, Schnabelspitze und Schnabelwulst gelblichweiß. Der Schnabelwulst erreicht vom 6. – 8. Tag seine maximale Entwicklung und bildet sich dann langsam zurück. Im Jugendkleid Umfärbung des Schnabels von der Spitze her zu braunschwarz bis schwarz. Rachenfärbung bei JV zunächst leuchtend zitronengelb, dann hellorange, im September/Oktober über gelblichgrau oder hellgrau zu dunkelgrau (wie ad.) umfärbend.

Füße bei kleinen JV fleischfarben, bei flüggen Jungvögeln dunkelgrau, bei adulten Gartenrotschwänzen schwarz.

Augen: Iris dunkelbraun.

Verbreitung und Biotop:

Der Gartenrotschwanz kommt in weiten Teilen Europas vor. In Island, nahezu ganz Irland, Griechenland, auf Korsika, Sardinien und in Teilen der Iberischen Halbinsel fehlt er dagegen. Im Osten reicht seine Verbreitung bis zum ostsibirischen Baikalsee. Die Südgrenze bildet das Atlasgebirge in Marokko und Algerien. Die höchsten Brutplätze liegen in Südeuropa bei ca. 2000m.

Der Gartenrotschwanz ist Zugvogel und verlässt sein Brutgebiet bereits ab Mitte August bis Anfang Oktober. Von Mitte April bis Mitte Mai kehren die Vögel aus ihrem Winterquartier, das in den Savannengebieten West- und Zentralafrikas oder in Südarabien liegt, zurück. Die Männchen meist einige Tage vor den Weibchen.

Die Art brütet von der Küste bis nahe an die Baumgrenze in nicht zu dichten Laub- und Mischwäldern, vor allem an deren Rand. Ursprünglich war er wohl in Mitteleuropa ein Bewohner alter, lockerer Kiefernwälder. Im Vergleich zum Hausrotschwanz hält er sich weniger in der offenen Landschaft auf, lebt aber auch in Siedlungen, Parks mit altem Baumbestand, Friedhöfen und Gärten mit alten Obstbäumen oder/und geeigneten Nistkästen. Gelegentlich auch in Industrieanlagen wobei Bäume nie fehlen dürfen. Im Gegensatz zum Hausrotschwanz sitzt der Gartenrotschwanz gern in der Deckung von Bäumen und Büschen, kann aber auch am Boden, wo er nach Nahrung sucht, beobachtet werden.

Jeder könne dem Gartenrotschwanz leicht helfen, behauptet der Vogelexperte Baumung vom NABU. Zum Beispiel sollten in Gärten, Parks und auf Friedhöfen nur noch heimische Gehölze gepflanzt, alte Bäume erhalten, Trockenmauern angelegt und – besonders wichtig – auf Chemikalien jeglicher Art verzichtet werden. „Nistkästen können die Wohnungsnot des Gartenrotschwanzes zwar lindern, doch bevorzugt er immer natürliche Höhlen“, weiß Baumung. Für ihn ist klar: „Helfen würde dem Gartenrotschwanz, und nicht nur ihm, vor allem ein bisschen mehr ´Wildnis´ in Gärten und Grünanlagen.“

Ernährung:

Hauptsächlich am Boden und in der Krautschicht sucht der Gartenrotschwanz in der Natur seine Nahrung. Dabei hält dieser Wartenjäger von Bäumen, Gebäuden, Pfählen, Leitungsdrähten, Holzstapeln u. ä. nach Nahrung am Boden Ausschau. Bei Massenvorkommen jagt er aber auch in Sträuchern und Baumkronen Insekten, Spinnen und Weberknechte. Die Insektennahrung ist entsprechend dem Nahrungserwerb der Art vielseitig und richtet sich stark nach dem Angebot.

Unseren Volierenvögeln sollte man das ganze Jahr über ein feines Insektenweichfutter zur Verfügung stellen. Im Herbst und Winter können auch die unterschiedlichsten Beeren, frisch und getrocknet, angeboten werden. Zur Brutzeit sollte man das Angebot an Lebendfutter erhöhen, ein Weichfutter wird nun fast nicht mehr aufgenommen. Die bekannten Futterinsekten wie Mehlkäferlarven, Pinkies, Getreideschimmelkäferlarven (Buffalos), Wiesenplankton, Ameisenpuppen, kleine Heimchen, Fruchtfliegen und die Beute aus einer Lichtfalle stellen ein abwechslungsreiches Futter dar und müssen zur Jungenaufzucht uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Unterbringung:

Die Gartenrotschwänze sind bei mir in den Sommermonaten in bepflanzten und überdachten Aussenvolieren mit einer Größe von 2x4x2,3m oder 2x5x2,2(BxLxH) untergebracht. Diese sind im hinteren Bereich an den Seiten geschlossen, an diesen Holzwänden bringe ich Kieferzweige und Nisthilfen an. In der kalten Jahreszeit werden die Vögel in frostfreien Innenräumen überwintert. Bilder meiner Volierenanlage finden sie in meinem Porträt auf www.vogelfreundekaltenkirchen.de. Vergesellschaftet sind die Rotschwänze mit verschiedenen Carduelidenarten was bisher zu keinen Problemen führte. Von einer Vergesellschaftung mit weiteren Rotschwänzen sollte man absehen, auch mit anderen rotgrundigen Vögeln habe ich die Art bisher nicht vergesellschaftet da ich von anderen Züchtern der Art gehört habe dass dies zu Aggressionen führt und die Fehler anderer Züchter muss man nicht wiederholen sondern sollte aus diesen Erfahrungen lernen.

Fortpflanzung:

Sofort nach seiner Ankunft aus dem Winterquartier wählt das Gartenrotschwanzmännchen in der Natur ein geeignetes Brutgebiet aus und trägt seinen Gesang von verschiedenen Singwarten aus vor. Gegen Artgenossen wird dieses Revier verteidigt und alle Eindringlinge daraus vertrieben. Die Männchen suchen mehrere für die Brut geeignete Nistgelegenheiten aus und bieten sie den eintreffenden Weibchen an. Hierbei fliegt es die ausgewählte Höhle an, verschwindet im Inneren um sich gleich darauf in der Einflugsöffnung zu zeigen. Weiterhin hängt es sich an das Flugloch und deutet Einschlupfbewegungen mit gefächertem Schwanz an. Immer wieder wird dabei auch der Gesang vorgetragen. Nachdem ein Weibchen die Höhle besichtigt und angenommen hat und Nistmaterial einträgt stellt das Männchen dieses Verhalten ein. Als Neststandort werden sowohl Nistkästen (Halbhöhlen und solche mit ein oder zwei ovalen Einflugsöffnungen) als auch natürliche Baumhöhlen und Nischen angenommen. In der Literatur wird außerdem eine Vielzahl an ungewöhnlichen Neststandorten wie z. B. Laternen, Eisenrohre, Mauerlöcher, Briefkästen usw. aufgeführt. Das Nest wird allein vom Weibchen gebaut und besteht aus feinen Reisern, Gräsern, Wurzeln, Moos, Tierhaaren und Federn. Die Eier des Gartenrotschwanzes sind grünlichblau glänzend, ein Gelege besteht in der Regel aus 5 bis 7, selten aus bis zu 9 Eiern. Die Legeperiode beginnt je nach Witterung meist Anfang Mai. Die Bebrütung des Geleges erfolgt ausschließlich durch das Weibchen und beginnt in der Regel mit Ablage des letzten Eies. Nach einer Brutdauer von 12 bis 14 Tagen schlüpfen die Jungen, die Eischalen werden vom Weibchen aus dem Nest entfernt. In den ersten 5 Tagen werden die Jungen vom Weibchen gehudert während das Männchen Nahrung bringt. Diese wird an das Weibchen übergeben oder direkt an die Jungen verfüttert. Der Kot der Nestlinge wird von den Eltern aus dem Nest getragen. Bis zur Selbstständigkeit werden die Jungvögel von beiden Altvögeln gefüttert, wobei der Fütterungstrieb beim Weibchen stärker entwickelt ist. Bis in den Juli werden so zwei Jahresbruten aufgezogen, selten kommen auch Schachtelbruten vor.

  Gartenrotschwänze 1 Tag alt

Bei der Volierenhaltung sollten wir beachten, dass die Gartenrotschwänze außerhalb der Brutzeit getrennt werden müssen da es sonst schnell zum Verlust eines Tieres (in der Regel des Weibchens) kommen kann. Mit Beginn der Brutzeit setze ich das Männchen in die vorgesehene Zuchtvoliere und bringe verschiedene Nisthilfen an. Das Weibchen wird von mir in den Wintermonaten immer in Sichtweite des 1,0 untergebracht, dies vermindert in meinen Augen die Aggressionen   des Männchens. Beginnt das Männchen zu singen und mit dem Höhlenzeigen kann man das Weibchen unter Beobachtung dazusetzen. Sind die Aggressionen gegenüber dem Weibchen zu stark muss man es wieder aus der Voliere entfernen, in Sichtweite (Nebenvoliere oder Käfig in der Voliere) unterbringen. Nach einigen Tagen versucht man es nochmals. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht das Weibchen in einem Käfig in die Voliere zu hängen, so lässt sich leicht beobachten ob das Männchen es versucht zu attackieren. Dies erfordert vom Halter ein wenig Zeit bei der Beobachtung und Fingerspitzengefühl um den richtigen Zeitpunkt zu erkennen. Ungeduld ist hier völlig fehl am Platze! Nach der Brutzeit muss man die Alttiere wieder trennen und auch die Jungvögel sollten spätestens nach der Jugendmauser separat untergebracht werden.

Literaturquellen:

Urs N. Glutz von Blotzheim „Handbuch der Vögel Mitteleuropas“ Vogelzug Verlag

Limbrunner, Bezzel, Richarz, Singer „Enzyklopädie der Brutvögel Europas“ Kosmos

http://hamburg.nabu.de/tiereundpflanzen/vdj/12877.html

Text und Fotos: T. Ratjen